Busunternehmerfamilie Wies zieht erste wenig positive Bilanz seit der Einführung – Und stoßen bei MdB Albert Rupprecht und Wirtschaftsbeirats-Vorsitzenden Harald Gollwitzer auf offene Ohren
Weiden. Es ist nicht alles Gold, was glänzt – vor allem bei genauerem Hinsehen und inzwischen gesammelten Erfahrungswerten. Dies hat das mittelständische Weidener Familienunternehmen Wies Faszinatour GmbH & Co. KG seit der Einführung des 49 Euro-Tickets zum 1. Mai dieses Jahres inzwischen getan. Und die erste Bilanz ist für die Firmenleitung mit Michaela, Wolfgang und Maximilian Wies eher ernüchternd. Das teilten sie vor kurzem CSU-Bundestagsabgeordneten (MdB) Albert Rupprecht und Harald Gollwitzer, dem Vorsitzenden des Wirtschaftsbeirates Weiden-Nordoberpfalz, mit.
„Das Ticket ist ein wahres Bürokratie-Monster, dessen Abrechnung und gesicherte Finanzierung für die Zukunft zudem völlig offen ist. Es macht nur für den Fahrgast in Großstädten und Ballungsräumen mit sehr gutem ÖPNV-Angebot Sinn, jedoch nicht im ländlichen Raum“, sagten sie. Es seien noch viele Fragen zu klären, weshalb sie Rupprecht eine „Hausaufgaben-Liste“ mit drei wichtigen übergeordneten Punkten an die Hand gaben, die der oberpfälzer CSU-Politiker dem Bundesverkehrsministerium vorlegen will.
Die Familie Wies, der Gollwitzer und Rupprecht noch nachträglich zum 75-jährigen Firmenjubiläum gratulierten, stellte kurz ihr in vierter Generation geführtes Familienunternehmen vor. Es ist demnach im Bereich von Chemnitz bis Schwandorf tätig und betreibt dort Stadt-, Land- und Gelegenheitsbusse. Insgesamt zählt die Firma 120 Mitarbeiter und besitzt einen Fuhrpark von 70 Fahrzeugen.
Im Mittelpunkt des Treffens stand jedoch die Diskussion über die Sinnhaftigkeit des 49 Euro-Tickets, dem sogenannten „Deutschlandtickt“, als Nachfolger des 9 Euro-Tickets aus Corona-Zeiten. Und hier war für Wolfgang Wies, in dessen Branche die Stimmung aktuell denkbar schlecht sei, klar: „Sein Vorteil in Klein- und Mittelstädten ist begrenzt, entweder das Fahrplanangebot passt oder es passt – häufig – nicht. Abseits der Städte kann das Ticket nur in Einzelfällen sinnvoll genutzt werden, da Fahrplanangebote fehlen.“
Daran werde sich auch in Zukunft nichts ändern, da die finanziellen Mittel für einen Ausbau des ÖPNV fehlen würden. Das Geld fließe in die Finanzierung des 49 Euro-Tickets. „Man hat also den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht“, ergänzte Maximilian Wies. Zudem sei ab 2024 und in den Folgejahren eine massive Unterfinanzierung dieses Tarifangebotes absehbar, obwohl Bund und Länder einen Ausgleichstopf in Höhe von drei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hätten.
Allerdings würden daraus nur Gelder fließen, die auf Berechnungen aus dem Jahre 2019 und den kalkulierten Fahrpreiserhöhungen beruhen. Andere in den letzten Jahren gestiegene Kosten seien dabei nicht berücksichtigt. Der Ausgleichsmechanismus zementiere so lediglich den Status quo, erlaube aber keine Verbesserungen in bisher benachteiligte Verkehrsräume. Heißt konkret: Wo viel los ist, fließt mehr Geld zum Ausgleich hin – nicht nur für die ländlich geprägte nordoberpfälzer Region ein großer Nachteil.
So lautete unterm Strich das Fazit: Die Einnahmen werden ungleich verteilt. Es fehlen außerdem die Mittel zum Ausgleich von Kostensteigerungen, v. a. bei Personalkosten und bei der Dekarbonisierung des Verkehrs, und für zusätzliche Kapazitäten zur Bewältigung des Mehrverkehrs in den ÖPNV-Hotspots.
Wolfgang Wies weiter: „Die grundsätzliche Botschaft des 49 Euro-Tickets lautete ja: Der ÖPNV muss billiger werden. Damit wird man aber das Ziel der Verkehrswende nicht erreichen. Es steht eher zu befürchten, dass das System zusammenbrechen wird, da dem Verkehrsmarkt massiv Fahrgelderlöse entzogen werden und über die Haushalte kein ausreichender Ersatz bereitgestellt werden kann.“ Die Folge: Die Zeche würden durch den Rückzug des Bundes und der Länder aus der Finanzierung des Tickets letztendlich die Aufgabenträger, also die Landkreise und die Städte, tragen. Die jedoch damit überfordert wären, da ihnen die finanzielle Grundausstattung dafür fehle.
MdB Rupprecht machte keinen Hehl daraus, dass die Grundskepsis gegenüber dem 49 Euro-Ticket, nicht zuletzt wegen des „Irrsinns an Bürokratie“, bleibe und seine Einführung „übers Knie gebrochen“ worden sei. Der Verteilungsschlüssel aus dem Finanzierungstopf für das Ticket dürfe nicht die Ballungsräume präferieren, sondern müsse gleichberechtigt auf alle ausgeweitet und modifiziert werden.
Es dürfe auf Dauer auch nicht sein, dass der Linienverkehr Aufgabe von Staatsbetrieben bleibe und die mittelständischen Busunternehmen komplett von der staatlichen Unterstützung abhängig seien. Als Hauptpunkte für die Hausaufgabenliste ans Bundesverkehrsministerium nahm Rupprecht mit: die dauerhafte Sicherung der Finanzierbarkeit der 49 Euro-Tickets, die Erleichterung der Gewinnung von Fahrpersonal und die Forcierung des ÖPNV-Ausbaus in den ländlichen Regionen vor dem Hintergrund der immer wichtigen werdenden E-Mobilität und des autonomen Fahrens.