LAG Bayern e. V. der Werkstatträte in den WfbM feiert in Weiden ihr „15-Jähriges“ – Teilhabe und Inklusion funktioniert nur, wenn Betroffene in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden
Weiden/Irchenrieth/Amberg. „Nichts über uns ohne uns!“ – das Motto der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte (LAG WR) Bayern e. V., die die Interessen der rund 37.000 Beschäftigten in den Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) vertritt, ist angesichts der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den letzten Jahren aktueller denn je. Dies ist am Mittwoch zur 15-jährigen Jubiläumsfeier des Vereines im vollbesetzten Gustl-Lang-Saal in der Max-Reger-Halle deutlich geworden. „Es ist Zeit, dass wir zu Wort kommen. Häufig wird über uns gesprochen und für uns entschieden, ohne uns angemessen in den Entscheidungsprozess mit einzubinden“, sagte die bayerische LAG WR-Vorsitzende Elisabeth Kienel unter großem Applaus.
Eine Forderung, die in den Vorträgen und aller Redner untermauert wurde. Vor dem Hintergrund, dass aktuell das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BAMS) eine Reform des Werkstätten-Systems plant, und dass in Bayern seit dem 1. Juli 2023 die in Kraft getretene Rahmenleistungsvereinbarung für WfbM gilt und einhergehend seit dem 1. Januar 2024 eine sogenannte Modellphase läuft, sind die Ängste und Sorgen der Beschäftigten groß.
„Wir fordern in den laufenden Veränderungsprozessen echte Mitbestimmung. Viele Menschen machen sich Gedanken über Inklusion, Teilhabe und Selbstbestimmung – aber das funktioniert nur, wenn es uns gelingt, die Politik für unsere Interessen zu sensibilisieren“, machte zum Beispiel der bayerische Behindertenbeauftragte Holger Kiesel, der auch Schirmherr der 15-Jahr-Feier war, deutlich.
Nach der Begrüßung durch den stellvertretenden Weidener Bürgermeister Reinhold Wildenauer, der seinen Heimatort als „offene Stadt für alle Bürger, die Tradition, italienischer Flair mit modernem Leben verbindet“ bezeichnete, führten Bianca Hanselmann aus Regensburg und Harald Bischoff aus Würzburg durch das kurzweilige Programm, das durch die Auftritte der Band „The Braillers“, des Zauberers Jörg Alexander, der Rap-Gruppe „#eigenart“ und der Tanzgruppe „HPZ Dancer“ des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) Irchenrieth aufgelockert wurde.
Apropos HPZ Irchenrieth: Deren Werkstatträte um Vorsitzenden Ingo Kraus, der dann auch zusammen mit Carin Neunsinger-Toth als Gründungsmitglied der LAG WR Bayern e. V. geehrt wurde, sorgten für das reibungslose Check-In der Gäste aus ganz Bayern und standen zudem als kompetente Gesprächspartner bei Nachfragen zur Verfügung. „Eine tolle Leistung unseres Teams“, lobte HPZ-Vorstandsvorsitzender Christian Stadler seine Beschäftigten. Viele Lob gab es auch von Joachim Gradl, Werkstattrat der Jura Werkstätte Amberg, der in seinem Vortrag auf die Gründungsgeschichte und die vielen Aktionen der LAG Bayern in den letzten 15 Jahren zurückblickte.
Die LAG-Vorsitzende Kienel unterstrich zum Auftakt der Grußworte, dass es wichtig sei, dass die Menschen, um die es gehen würde, mit einbezogen werden müssen. Denn: „Sie sind die Experten in eigener Sache. Eine starke Selbstvertretung ist wichtiger denn je.“ Schirmherr Kiesel verglich die LAG WR Bayern als „15-jährigen Teenager in aufregenden Zeiten, der zurecht immer frecher“ werde. „Macht’s weiter so und werdet noch mutiger“, sagte der bayerische Behindertenbeauftragte.
Lulzim Lushtaku, 1. Vorsitzender der Werkstatträte Deutschland e. V., dankte der LAG WR Bayern als „Bindeglied für Beschäftigte für ihre 15-jährige Herzblut-Arbeit“ und wünschte ihr „auch für die nächsten 15 Jahre sehr viel Kreativität“. Markus Knab, stellvertretener bayerischer Vorsitzender, berichtete anschließend noch über die LAG-Arbeit seit der Vereinsgründung vor drei Jahren und gab zudem noch einen Überblick über die die Themenschwerpunkte für dieses Jahr. Dazu gehören u. a. die weitere Pflege des eigenen YouTube-Kanals und der Ausbau der Auftritte in den sozialen Netzwerken sowie die kritische Begleitung der politischen Entwicklungen der BAMS-Pläne und der bayerischen Modellphase – alles natürlich unter dem Motto „Nichts über uns ohne uns!“
Geehrt wurden folgende Gründungsmitglieder: Peter Pfann, Gertraud Gropper-Baumann, Jürgen Zeltner, Ingo Kraus, Sonja Scheuplein, Roland Harsch, Charlie Pfeiffer, Alf Beer, Annerose Räthel, Claudia Stecker, Carin Neunsinger-Toth und Elisabeth Kienel.