Von der Werkstatt des Heilpädagogischen Zentrums Irchenrieth auf den ersten Arbeitsmarkt: die Erfolgsgeschichte von Sandra Böhm, die vielen Mut sollte
Irchenrieth/Weiden. Die 36-jährige Sandra Böhm hat einen bedeutsamen Schritt in Richtung Eigenständigkeit gemacht. Nach einem langen Weg in der Werkstatt des Heilpädagogischen Zentrums (HPZ) in Irchenrieth ist sie seit dem 1. November 2023 bei der Agentur für Arbeit Weiden auf einem Außenarbeitsplatz als Teamassistentin tätig. Ab dem 1. Januar 2025 wird sie dort in ein Arbeitsverhältnis übernommen – ein befristeter Vertrag mit Aussicht auf Übernahme. Ihre Anstellung zeigt, wie gelungene Inklusion am Arbeitsmarkt aussehen kann.
Die gebürtige Weidenerin, die eine leichte geistige Beeinträchtigung aufweist, durchlief nach der Grund- und Hauptschule bis zur achten Klasse verschiedene berufsvorbereitende Maßnahmen, unter anderem im „Haus des guten Hirten“ und im „Woodstock“, wo sie zur hauswirtschaftlichen Helferin ausgebildet wurde. Ihr Weg führte sie 2009 ins HPZ Irchenrieth, wo sie zunächst zwei Jahre im Berufsbildungsbereich (BBB) eine umfassende Grundausbildung erhielt.
Über die Jahre erweiterte sie ihre Kompetenzen in verschiedenen Bereichen: vier Jahre in der Wäscherei, sechs Jahre im Museumscafé Flossenbürg und zuletzt in der Integra-Gruppe des HPZ in Weiden. Diese Arbeit umfasste u. a. Montagearbeiten sowie das Bestücken und Kontrollieren von Telefonladestationen.
Josef Albang, Betriebsleiter der HPZ-Werkstatt, sagte: „Sandra ist in jeder Arbeitsgruppe eine Bereicherung gewesen. Sie hat Durchhaltevermögen, Flexibilität und eine positive Art, die sie zu einer wertvollen Kollegin macht. Für uns als Werkstatt ist es ein Erfolg, wenn unsere Beschäftigten den Weg in den ersten Arbeitsmarkt schaffen. Inklusion bedeutet, dass Menschen wie Sandra die Chance erhalten, ihr Potenzial zu entfalten.“
Der Übergang von der Werkstatt zum ersten Arbeitsmarkt stellte die 36-Jährige vor einige Herausforderungen. Zu Beginn gab es Unsicherheiten, ob sie sich in einem Arbeitsumfeld wie der Agentur für Arbeit zurechtfinden würde. Doch mit der Unterstützung des HPZ und des Teams bei der Agentur meisterte sie den Start erfolgreich.
Die Kolleginnen und Kollegen nahmen sich Zeit für ausführliche Erklärungen, halfen bei der Orientierung und schufen eine Umgebung, in der sie wachsen konnte. „Von Anfang an fühlte ich mich wohl“, erzählt Sandra Böhm. „Alle waren freundlich und haben mir Zeit gegeben, mich einzuarbeiten. Ich freue mich, dass ich jetzt Teil des Teams bin.“ Zu den Aufgaben als Teamassistentin zählen zum Beispiel einfache Verwaltungstätigkeiten wie beispielsweise die Vorbereitung von Bewerbungsunterlagen sowie kleinere handwerkliche Aufgaben. Die Unterstützung durch feste Ansprechpartner und klare Anleitungen erleichterten ihr den Einstieg in diese Aufgaben. Heute erledigt sie viele Tätigkeiten bereits selbstständig.
Die Agentur für Arbeit in Weiden hat bewusst einen Außenarbeitsplatz eingerichtet, um aktiv zur Inklusion beizutragen und Menschen mit Behinderung eine Chance im regulären Arbeitsmarkt zu geben. Thomas Würdinger, Geschäftsführer der Agentur, betont die gesellschaftliche und arbeitsmarktpolitische Verpflichtung zur Inklusion: „Mit Sandra Böhm haben wir eine hochmotivierte und zuverlässige Mitarbeiterin gewonnen. Wir möchten zeigen, dass Inklusion am Arbeitsplatz gelingen kann – sie ist ein Vorbild, wie bereichernd die Beschäftigung von Menschen mit Beeinträchtigungen sein kann.“
Um ihr die Integration optimal zu gestalten, wurde im Mai 2023 eine Arbeitsgruppe innerhalb der Agentur gegründet. Diese Gruppe entwarf ein strukturiertes Einarbeitungskonzept, das Sandra Böhms Fähigkeiten und Bedürfnisse berücksichtigt. Mit den Kolleginnen und Kollegen der verschiedenen Abteilungen wurden mögliche Aufgaben gesammelt, die zu ihren Stärken passen, und ein Wochenarbeitsplan erstellt.
Sie wurde in ihre Aufgaben mit intensiver Begleitung eingearbeitet, die jedoch bald abnehmen konnte, da sie sich rasch eingewöhnte und die Arbeiten zunehmend eigenständig übernahm. Zu den Maßnahmen zählen auch soziale Aspekte wie die Integration in die Pausengestaltung und die Teamkultur. „Inklusion heißt für uns, dass Sandra Böhm nicht nur eine Mitarbeiterin ist, sondern ein geschätztes Mitglied des Teams“, betonte Würdinger.
Die Erfolge, die sie heute feiert, sind das Resultat jahrelanger Arbeit und gezielter Förderung durch das HPZ Irchenrieth. Neben den praktischen Fähigkeiten lernte sie in der Werkstatt die Geduld und Ausdauer, die im ersten Arbeitsmarkt so wichtig sind. Durch ihr Engagement als Frauenbeauftragte im HPZ sammelte sie zudem wertvolle Erfahrung in der Kommunikation und Interessenvertretung.
Albang berichtete stolz: „Mit ihrer freundlichen, aber durchsetzungsstarken Art hat sie viele Projekte im HPZ unterstützt. Sie hat in den letzten Jahren gezeigt, dass sie die Anforderungen eines Arbeitsplatzes im ersten Arbeitsmarkt erfüllen kann.“ Die Agentur für Arbeit wird zudem ab Januar 2025 weitere Fördermittel nutzen, um Böhms Anstellung langfristig zu sichern.
Thomas Würdinger betont abschließend: „Wir hoffen, dass Frau Böhms Geschichte anderen Unternehmen zeigt, wie wertvoll es ist, Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Inklusion stärkt nicht nur den einzelnen Menschen, sondern auch das Team und das gesamte Unternehmen.“